Das Verfahren
Die Blödelei und die Metablödelei
Das Grundprinzip des Gedichtbands Im Ernst? Anti-Jandl?! ist Metablödelei mit der Sprache.
Man kann auch anderes blödeln, also inhaltlich oder sachlich am Gegenstand entlang. Aber Ernst Jandl blödelt meistens mit der Sprache. Zuweilen gelingt ihm dabei etwas jenseits der Blödelei.
Ich erbringe mit den Gedichten dieses Projekts den Nachweis, dass man auch aus weniger gelungenem Sprachgeblödel noch Gelingen und (poetischen) Gehalt zimmern kann, indem man das Geblödel auf andere Stufen hievt – was zunächst ein wenig anmaßend klingt und wie ein weiteres leeres Behaupten, aber nichts weiter heißt, als dass je ein Gedicht von Jandl zum Gegenstand eines Gedichts von Vogl werden, wodurch erstens der Gegenstand des Gedichts von Jandl zum Gegenstand des Gedichts von Vogl wird – oder doch werden kann, sofern ich nichts dagegen tue –, aber zweitens eben auch noch das Verhältnis des Vogl zum Jandl und des neuen Gedichts zum ersten Gedicht und zu seinem Gegenstand, sei's zustimmend, sei's ablehnend.
Damit sei – das gilt es wohlgemerkt in den Gedichten jeweils erst zu beweisen – der Nachweis erbracht, dass man auch in der Lyrik, dieser am wenigsten intellektuellen Gattung unter den literarischen, mit Gewinn intellektuell vorgehen kann.
Darum geht es poetisch gesehen bei ›Im Ernst? Anti-Jandl?!‹
Mein Umgang mit den für die Sammlung Im Ernst? Anti-Jandl?! aufgegriffenen Gedichten von Ernst Jandl ist ein dialektisches Aufheben: ich sage zunächst, „das taugt nichts oder allenfalls wenig“ oder eher noch „netter Geistesblitz, aber vergeudet, Sie greifen zu kurz, Herr Jandl!
Der Ausgangspunkt
Mein „Verhältnis“ zu Ernst Jandls Dichtung ist gespalten. Großer Hochachtung vor einzelnen Gedichten (beispielsweise dem schtzngrmm und nach altem brauch) steht eine Verachtung von Jandls „Überpublikation“ gegenüber: 19 von 20 Gedichten hätte er uns ersparen können. (Wenn auch nicht sich selbst.)
Was für ihn notwendig war auf dem Entwicklungsweg zu seinen paar Dutzend herausragenden Gedichten, ist für uns überflüssig, für mich sogar eine Zumutung.
Dies meine ich weniger despektierlich, als es auf Anhieb klingen mag. Das Experimentieren der Experimentaldichtung entspricht dem Hobeln und Feilen des Holzhandwerks, es fallen Späne, und die meisten resultierenden Klötze sind schlicht Abfall. Müll.
Indem Jandl die Schwelle zum Aufbewahrens & sogar Publizieren so niedrig angesetzt hat, hat er seine sehr guten Gedichte versteckt in einem Fass von Blödeleien. Das gilt auch für das essentiell Prozesshafte des Experimentierens:
Man vergleiche dagegen den geringen „Ausstoß“ von Reinhard Prießnitz, den ich für „besser“ halte, wenngleich nicht für „bedeutender“.
Hätte Jandl diese Gedichte nur vorgetragen („live“), stünde es ganz anders drum: erst der Akt des auf Papierbündelnbündelns beschert ihm das Prätentiöse, das ihn der Kritik aussetzt. Wir können auf Familienfeiern Onkel Eberhard aufhorchen lassen mit flott improvisierten, in der Situation brillanten Gags, aber wenn wir diese selben Gags aufschreiben und drucken lassen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn man uns der Scharlatanerie zeiht.